Christi unentbehrlichste Gabe an die Gemeinde – Ellen White

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In diesem Artikel, der am 19. November 1908 im Review and Herald veröffentlicht wurde, beschreibt Ellen White auf eindrucksvolle Art und Weise die Bedeutung und Wirkungsweise des Heiligen Geistes. Übersetzt von Tobias Fichte. PDF

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Christi unentbehrlichste Gabe an die Gemeinde

Ellen White

Bevor er sich als Opfer hingab, begehrte Christus, seinen Nachfolgern die unentbehrlichste und vollkommenste Gabe zu verleihen, eine Gabe, die grenzenlose Quellen der Gnade für sie erreichbar machen würde. „Ich werde den Vater bitten“, sagte er, „und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn erkennt. Ihr erkennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch.“ (Joh 14,16-18)

Der Heilige Geist – die Gabe Gottes

Der Geist war vordem in der Welt gewesen; vom Ursprung des Erlösungswerks hatte er an den Herzen der Menschen gewirkt. Aber während Christus auf der Erde war, hatten die Jünger keinen anderen Helfer begehrt. Erst als sie von seiner Gegenwart getrennt wurden, fühlten sie das Bedürfnis nach dem Geist, und dann kam er [engl. „he“ – männlich].

Stellvertreter Christi

Der Heilige Geist ist Christi Stellvertreter, jedoch entäußert der menschlichen Personalität und von dieser unabhängig. Durch die Menschlichkeit beschränkt, konnte Christus nicht persönlich an jedem Ort sein. Deshalb war es in ihrem Interesse, dass er zum Vater gehen und den Geist als seinen Nachfolger auf Erden senden sollte. Niemand konnte sodann aufgrund seines Orts oder seines persönlichen Kontakts mit Christus irgendeinen Vorteil haben. Durch den Geist würde der Erlöser allen zugänglich sein. In diesem Sinne würde er ihnen näher sein als wenn er nicht aufgefahren wäre.

Der verdorbene Charakter des Menschen – und das einige Heilmittel dagegen

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Der Tröster wird  „der Geist der Wahrheit“ genannt. Sein Werk ist es, die Wahrheit zu erläutern und aufrechtzuerhalten.  Er wohnt zuerst als Geist der Wahrheit im Herzen und wird auf diese Weise zum Tröster. Es ist Trost und Frieden in der Wahrheit, in der Falschheit kann dagegen kein echter Friede oder Trost gefunden werden. Es sind falsche Theorien und Traditionen, durch welche Satan seine Macht über den [menschlichen] Geist [engl. „mind“] gewinnt. Indem er Menschen zu falschen Maßstäben leitet, verunstaltet er den Charakter. Durch die Schrift spricht der Heilige Geist zum [menschlichen] Geist und schärft dem Herzen die Wahrheit ein. Auf diese Weise entlarvt er den Irrtum und verbannt ihn aus der Seele. Es ist mittels des Geistes der Wahrheit, der durch das Wort Gottes arbeitet, dass Christus sich sein auserwähltes Volk unterstellt.

Indem er seinen Jüngern das Wirken des heiligen Geistes beschrieb, wollte Jesus sie mit der Freude und Hoffnung erfüllen, die sein eigenes Herz erfüllten. Die mächtige Hilfe, mit der er seine Gemeinde ausgestattet hatte, erfüllte ihn mit Freude. Der Heilige Geist war die höchste aller Gaben, die er von seinem Vater für die Erhebung seines Volkes erbitten konnte. Der Geist sollte als umgestaltende Kraft gegeben werden, und wenn dies nicht geschehen würde, wäre das Opfer Christi vergeblich gewesen. Die Kraft des Bösen erstarkte über Jahrhunderte, und die Unterwerfung der Menschen unter diese satanische Knechtschaft war erstaunlich. Der Sünde konnte nur widerstanden, sie konnte nur überwunden werden durch die mächtige Hilfe der dritten Person der Gottheit, die nicht mit eingeschränkter Energie, sondern in der Fülle göttlicher Kraft kommen würde. Es ist der Geist, der wirksam macht, was durch den Erlöser der Welt erreicht wurde. Es ist der Geist, durch den das Herz rein gemacht wird. Durch den Geist wird der Gläubige ein Teilhaber der göttlichen Natur.  Christus hat seinen Geist als eine göttliche Kraft gegeben, um alle ererbten und gepflegten Neigungen zum Bösen zu überwinden, und um seinen eigenen Charakter seiner Gemeinde aufzuprägen.

Christus identifiziert sich mit Menschen

Jesus sagte von dem Geist: „Er wird mich verherrlichen.“ Der Erlöser kam, um den Vater durch die Darstellung seiner Liebe zu verherrlichen; so sollte der Geist Christus verherrlichen, indem er dessen Gnade der Welt offenbarte. Das genaue Abbild Gottes soll in der Menschheit wiederhergestellt werden. Die Ehre Gottes, die Ehre Christi geht mit der Vollkommenheit des Charakters seines Volkes einher.

„Und wenn er [der Geist der Wahrheit] gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht.“ (Joh 16,8) Das Predigen des Wortes wird vergeblich sein ohne die stetige Gegenwart und Hilfe des Heiligen Geistes. Dies ist der einzige wirksame Lehrer der göttlichen Wahrheit. Nur wenn die Wahrheit vom Geist zum Herzen begleitet wird, wird sie das Gewissen wecken und das Leben umwandeln. Man mag in der Lage sein, das Wort Gottes dem Buchstaben nach darzulegen, man mag vertraut sein mit all seinen Geboten und Verheißungen; doch wenn nicht der Heilige Geist in alle Wahrheit leitet, werden keine Seelen auf den Felsen fallen und zerbrechen. Kein Maß an Bildung, keine Vorzüge, wie groß sie auch immer sein mögen, können den Menschen ohne die Kooperation des Geistes Gottes zu einem Kanal des Lichts machen. Das Säen des Samens des Evangeliums wird kein Erfolg sein, wenn der Same nicht durch den Tau des Himmels zum Leben erweckt wird. Bevor ein Buch des neuen Testaments geschrieben war, bevor eine Predigt des Evangeliums nach der Himmelfahrt Christi gepredigt worden war, kam der Heilige Geist auf die betenden Apostel. Ihre Feinde bezeugten daraufhin: „Ihr habt Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt.“ (Joh 5,28)

Die Verheißung des Geistes – eine ewige Zusage

Jesus hat die Gabe des Heiligen Geistes seiner Gemeinde verheißen, und die Verheißung gehört uns im gleichen Maße wie den ersten Jüngern. Aber wie jede andere Verheißung auch ist sie an Bedingungen geknüpft. Es gibt viele, die an die Verheißung des Herrn Glauben und sie für sich in Anspruch nehmen; sie sprechen von Christus und dem Heiligen Geist und empfangen dennoch keinen Nutzen. Sie übergeben ihre Seele nicht der Führung und Kontrolle göttlicher Kräfte. Wir können den Heiligen Geist nicht benutzen. Der Geist benutzt uns. Durch den Geist wirkt Gott in seinem Volk „sowohl das Wollen als auch das Wirken zu seinem Wohlgefallen.“ (Phil 2,13) Viele unterstellen sich dem jedoch nicht. Sie möchten sich selbst führen. Aus diesem Grund erhalten sie die himmlische Gabe nicht. Nur denjenigen, die demütig auf Gott harren, die nach seiner Führung und Gnade Ausschau halten, wird der Geist gegeben. Die Kraft Gottes sehnt sich ihrem Verlangen und ihrer Aufnahme entgegen. Diese verheißene Segnung, im Glauben empfangen, bringt alle anderen Segnungen mit sich. Sie wird nach dem Reichtum der Gnade Christi gegeben, und er ist bereit, sie jeder Seele nach ihrem Aufnahmevermögen auszuteilen.

Die verändernde Kraft des Lebens Jesu

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Wenn der Geist Gottes vom Herzen Besitz nimmt, wandelt er das Leben um. Sündhafte Gedanken werden hinweggetan, bösen Taten wird entsagt; Liebe, Bescheidenheit und Friede nehmen den Platz von Ärger, Neid und Streit ein. Freude tritt an die Stelle von Traurigkeit, und die menschliche Haltung spiegelt die Freude des Himmels wider. Niemand erblickt die Hand, die die Last wegnimmt, oder sieht das von den himmlischen Höfen herabkommende Licht. Der Segen erfolgt, wenn die Seele sich selbst im Glauben Gott übergibt. Dann schafft jene Kraft, die kein menschliches Auge sehen kann, ein neues Wesen im Bilde Gottes.

Der Heilige Geist ist der Atem des geistlichen Lebens in der Seele. Die Ausstattung mit dem Geist ist die Ausstattung mit dem Leben Christi. Sie durchwirkt den Empfänger mit den Eigenschaften Christi. Nur diejenigen, die auf diese Weise von Gott unterrichtet werden, die das innere Wirken des Geistes besitzen, und in deren Leben sich das Leben von Christus offenbart, sind dafür geeignet, die Gemeinde als Diener zu repräsentieren.

Die Religion, die von Gott kommt, ist die einzige Religion, die auch zu Gott führt. Um ihm recht zu dienen, müssen wir aus dem göttlichen Geist geboren sein. So wird das Herz gereinigt und der Geist erneuert, um uns ein neues Vermögen für dafür zu geben, Gott zu kennen und zu lieben. So wird uns ein williger Gehorsam gegenüber all seinen Forderungen zuteil. Das ist wahre Anbetung. Sie ist die Frucht des Wirkens des Heiligen Geistes. Jedes ernsthafte Gebet wird vom Geist eingegeben, und solch ein Gebet ist bei Gott annehmbar. Wo auch immer eine Seele sich nach Gott ausstreckt,  manifestiert sich das Wirken des Geistes, und Gott wird sich dieser Seele offenbaren. Nach solchen Anbetern sucht er. Er wartet darauf, sie zu empfangen und sie zu seinen Söhnen und Töchtern zu machen. 

Gott nimmt die Menschen wie sie sind, und bildet sie für seinen Dienst aus, wenn sie sich ihm ausliefern. Der Geist Gottes, in die Seele aufgenommen, wird ihre gesamten Fähigkeiten beflügeln. Unter der Führung des Heiligen Geistes erfährt der [menschliche] Geist, uneingeschränkt Gott gewidmet,  eine harmonische Entwicklung, und wird dafür gestärkt, die Anfordernisse Gottes zu erfassen und zu erfüllen. Der schwache,  schwankende Charakter wird verändert zu einem der Stärke und Standhaftigkeit. Kontinuierliche Hingabe gründet eine derartige Verbindung zwischen Jesus und seinem Jünger, dass der Christ ihm in Geist und Charakter gleich wird. Durch eine Verbindung mit Christus werden seine Ansichten klarer und weiter. Seine Einsichten werden tiefer, sein Urteil ausgewogener. Derjenige, der sich danach sehnt, Christus zu dienen, wird solcherart durch die lebensspendende Kraft der Sonne der Gerechtigkeit angeregt, dass er befähigt wird, zur Ehre Gottes viele Früchte zu tragen.

Vorraussetzungen für die Gabe des Geistes 

Die ersten Jünger gingen das Wort predigend voran. Sie offenbarten Christus in ihrem Leben, „während der Herr mitwirkte und das Wort durch die darauf folgenden Zeichen bestätigte.“ Diese Jünger bereiteten sich auf ihr Werk vor. Vor dem Pfingsttag versammelten sie sich und taten alle Differenzen beiseite. Sie waren eines Sinns. Sie glaubten der Verheißung von Christus, dass der Segen gegeben werden würde, und sie beteten im Glauben. Sie baten nicht nur um einen Segen für sich selbst; auf ihnen lag die Last für die Rettung von Seelen. Das Evangelium sollte zu den äußersten Teilen der Erde getragen werden, und sie beanspruchten die Ausstattung mit der von Christus verheißenen Kraft. Da geschah es, dass der Heilige Geist ausgegossen wurde, und tausende bekehrten sich an einem Tag.

So kann es auch jetzt geschehen. Lasst anstelle der Spekulationen von Menschen das Wort Gottes verkündet werden. Lasst Christen ihre Streitigkeiten beiseite legen und sich Gott für die Rettung der Verlorenen zur Verfügung stellen. Lasst sie im Glauben um die Segnung bitten, und sie wird kommen. Die Ausgießung des Geistes in den apostolischen Tagen war der „Frühregen“, und das Ergebnis war herrlich. Der Spätregen wird noch mächtiger sein. 

Alle, die Seele,  Körper und Geist Gott weihen, erhalten dauerhaft eine neue Ausstattung physischer und mentaler Kraft. Die unerschöpflichen Vorräte des Himmels stehen ihnen zur Verfügung. Christus gibt ihnen den Atem seines eigenen Geistes, das Leben seines eigenen Lebens. Der Heilige Geist bringt seine [engl. „its“  – sächlich] höchsten Energien hervor, um an Herz und Geist zu wirken.  Die Gnade Gottes vergrößert und vervielfacht ihre Fähigkeiten, und jede Vollkommenheit der göttlichen Natur steht ihnen in der Arbeit der Seelenrettung bei. Durch die Zusammenarbeit mit Christus sind sie in ihm vollkommen, und in ihrer menschlichen Schwäche werden sie zu Taten der Allmacht befähigt.

Übersetzung: Tobias Fichte

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