Kommentar: „Das Trio“ von Ty Gibson

Diese Ausarbeitung von Dr. theol. Ingo Sorke wurde am 12.1.2023 von seiner Webseite entnommen. Die aktuellste Fassung des Dokuments findet man dort.
Das Dokument wurde auch von Ingo Sorke in seinen Zoom-Studien besprochen. Die Aufnahmen können hier angesehen werden.

Ty Gibson. Das Trio. Adventistische Perspektiven Zur Dreieinigkeit. Lüneburg: Advent Verlag, 2020.

[Zitate des Buches sind mit Seitenzahlen vermerkt und für die einfache Verfolgung der Betrachtung fett gedruckt. Also bedeutet Fettdruck Ty Gibson (TG), oder Betonung eines anderen Autors, und einfacher Druck meine Anmerkungen.]

Bibelübersetzungen sind der Schlachter 2000 entnommen, es sei denn, sie sind entsprechend anders gekennzeichnet.

_______________________________________________________________________________________

Von der Buchrückseite

“Ist Macht oder Liebe das ultimative Wesen Gottes? Wenn wir diese Frage richtig beantworten, finden wir die Antwort auf alle bedeutenden Fragen.” Ja, Gott hat Macht, aber er ist Liebe. Und Liebe funktioniert nur mit einem Gegenüber. Wenn also Gott immer schon Liebe war, dann muss er als soziales Wesen existieren, das mehr als ein Ich einschließt.

Auf seine typisch nahbare, klare Art und Weise beschreibt Ty einerseits, welche theologischen Auswirkungen es hat, wenn man die Dreieinigkeit ablehnt und Gott als alleinstehendes Wesen sieht. Andererseits beleuchtet er, wie ein Gottesbild aussieht, das Beziehung einschließt. Dabei zeichnet er die prozesshafte Entwicklung der adventistischen Gründungsmitglieder nach, die aus gewisser Besorgnis zumeist Antitrinitarier ware, und hebt insbesondere Ellen Whites Ansichten hervor. Sie entwarf ein Bild von Gottes Dreieinigkeit, in der jedes Glied der Gottheit eine individuelle Person ist, die gemeinsam ein “himmlisches Trio” bilden. _______________________________________________________________________________________

Interessanterweise ist der englische Originaltitel The Heavenly Trio: Exploring the Views of Ellen White and the Adventist Pioneers Regarding the Trinity

Also wortwörtlich: Das Himmlische Trio: Erforschung der Ansichten von Ellen White und den adventistischen Pionieren in Bezug auf die Dreieinigkeit

Was die Verfasser der deutschen Ausgabe dazu bewegt hat, “himmlisch” und “Ellen White” auszulassen?

Und warum Ty Gibson Trio gewählt hat anstatt Trinität, wenn der Begriff Trio ja tatsächlich eine Konter zum klassischen Trinitarismus ist?!

“Und es geschah, als der HERR diese Worte an Hiob vollendet hatte, da sprach der HERR zu Eliphas, dem Temaniter: Mein Zorn ist entbrannt über dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht recht von mir geredet, wie mein Knecht Hiob” (Hiob 42,7).

“Die Lehre, daß Gott der Gemeinde das Recht verliehen habe, die Gewissen zu beherrschen und eine bestimmte Haltung als Ketzerei zu bezeichnen und zu bestrafen, ist einer der tief eingewurzelten päpstlichen Irrtümer. Während die Reformatoren das Glaubensbekenntnis Roms verwarfen, waren sie doch nicht ganz frei von seinem unduldsamen Geist. Die dichte Finsternis, in die das Papsttum während der langen Zeit seiner Herrschaft die gesamte Christenheit eingehüllt hatte, war selbst jetzt noch nicht völlig gewichen” (GK 296.3).

Es geht Gibson um Gottes Liebe, um unser Gottesverständnis, um die Sohnschaft Jesu Christi als Bundesbegriff im Rahmen von Bethlehem, und letztendlich um die Identität der Adventgemeinde. Leider ist Ty Gibsons engagierte Schreibweise von einigen gravierenden Fehlern geprägt, von offensichtlichen Fehlinterpretationen (z.B. 1Jo 4,8), zudem von absurden Anschuldigungen und grotesken Karikaturen seiner Gegner, die keineswegs der Realität entsprechen.

“Pfingsten brachte ihnen die himmlische Erleuchtung. Die Wahrheiten, die sie nicht erfassen konnten, solange Christus bei ihnen war, öffneten sich ihnen nun. Mit nie zuvor gekannter freudiger Glaubenszuversicht nahmen sie die Lehren der Heiligen Schrift an. Für sie war es fortan nicht mehr nur eine Sache des Glaubens, daß Christus der Sohn Gottes war; sie wußten, daß er, wenn auch in Menschlichkeit gehüllt, wirklich der Messias war. Sie verkündigten der Welt ihre Erfahrung mit einer Bestimmtheit, die die Überzeugung in sich trug, daß Gott mit ihnen war” (WA 46.3)._______________________________________________________________________________________

Kapitel 1: Die Alles Entscheidende Frage

“Ist Macht oder Liebe das ultimative Wesen Gottes? Wenn wir diese Frage richtig beantworten, finden wir die Antwort auf alle bedeutenden Fragen.”

Der erste Bibelverweis (ohne Analyse) ist 1Joh 4,8.

S. 8: “Wenn Gott Liebe ist (vgl. 1Joh 4,8), folgt daraus logischerweise, dass jede wahre Glaubenslehre Gottes Liebe offenbart und dass jede falsche Lehre seine Liebe auf irgendeine Weise zugunsten von Macht schmälert.”

Was wäre die Folge, wenn 1Joh 4,8 falsch gelesen würde?!

Dieser Text ist hochaktuell, da er auch in der jetzigen Sabbatschullektion (25. September 2022, 4. Quartal) auftaucht, natürlich mit trinitarischer Neigung:

“Die Tatsache, dass „Gott Liebe ist“ (1. Johannes 4:8, 16) vermittelt mindestens drei grundlegende Implikationen. Erstens kann Liebe ihrem Wesen nach nicht in sich geschlossen existieren, sondern muss ausgedrückt werden. (Welche Art von Liebe wird nicht ausgedrückt?) Gottes Liebe wird innerlich von den drei Personen der Gottheit geteilt und äußerlich in Seiner Beziehung zu all Seinen Geschöpfen.”

Englisches Original: “The fact that “God is love” (1 John 4:8, 16, NKJV) conveys at least three basic implications. First, love by its very nature cannot exist closed in itself but must be expressed. (What kind of love is not expressed?) God’s love is shared internally among the Three Persons of the Godhead, and externally in His relationship with all His creatures.”

TG betont den Kontrast zwischen Gott hat Macht und Gott ist Liebe und zielt dann auf seine grundsätzliche These ab:

S. 12 “Gott kann nicht Liebe sein ohne jemanden, den er lieben kann. Denn Liebe bedingt die Konzentration auf ein Gegenüber. Gott kann nicht Liebe sein, es sei denn, er besteht aus einem göttlichen Selbst und einem göttlichen Gegenüber. Wenn also Gott immer schon Liebe war, dann muss er als eine soziale Dynamik existieren, die mehr als ein Ich einschließt. Und diese Erkenntnis bring uns zum Kern dieses Buches.”

Egal, wie man zu dieser Feststellung steht, vermisst der aufmerksame Leser den Hintergrund dieser Annahme, sowohl biblisch als auch (kirchen)historisch.

Ty zieht dann diese Schlußfolgerung:

S. 12 Stellt man sich Gott als absolut alleinstehendes Wesen vor, wird jedes schlüssige Konzept von Liebe aus der Theologie verschwinden. Alles, was bleibt, ist eine Art unpersönliche Macht. . . . Wenn man Gott nicht als dynamisches Beziehungsgeflecht von mehr als einer Person versteht, löst sich die Grundannahme “Gott ist Liebe” schnell im theologischen Kamin in Rauch auf. Als Folge muss notwendigerweise eine andere Grundannahme an die Stelle der Liebe treten; und die einzig übrige ist Macht.”

Hier passiert TG ein ironischer Widerspruch: genau das, wogegen er hier im ersten Kapitel argumentiert, zwingt er Andersdenkenden auf. Er malt Antitrinitarier in eine (un)logische Ecke, die zu einem falschen Gottesbild zwingt. Andersdenkende haben jetzt gar keine Chance. TG übt Macht aus gegen Leute, die seiner Theologie nicht folgen!

Schließlich fasst TG zusammen, worum es ihm in diesem an Adventisten ausgerichtetes Buch geht.

S. 13: . . . dass die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten ihre heutige positive Haltung zur Dreieinigkeit nicht trotz der Pioniere gewonnen hat, sondern durch die Auseinandersetzung mit deren Bedenken. [Anmerkung: von nun an als STAs abgekürtzt]

S. 14: Wir werden sehen, dass Ellen White zwar von antitrinitarischen Brüdern umgeben war, die sie hoch schätzte, es selbst jedoch unterließ, antitrinitarische Aussagen zu machen. . . . Ellen White entwarf ein umfangreiches Bild von Gottes Dreieinigkeit. . . . Dieses Kapitel zeigt außerdem auf, inwiefern die antitrinitarische Lehre zum Pantheismus neigt.

Wie bitte?! Da bin ich gespannt . . .

S. 14-15: Von der hebräischen Denkweise erhalten wir eine Bundesvision von Gott – beziehungsorientiert, frei, offen, dynamisch, empathisch. Die griechischen Philosophen vermitteln uns ein individualistisches Gottesbild – allein, starr, geschlossen, absolut.

(Strenger!) Monotheismus, bitteschön? Gesetzte, Satzungen, Volksabgrenzung, Heiligkeit? Diese sind weder frei noch offen, sondern abgrenzend, definitive und definierend. TG kommt zu krassen Schlussfolgerungen:

S. 15-16: Wenn Gott dagegen als alleinstehendes Wesen verstanden wird, kann man sich den Tod am Kreuz letztendlich nur als eigennützigen Akt eines Gottes vorstellen, für den Selbstaufopferung nicht möglich ist. . . . Die antitrinitarische Lehre zeichnet ein grundsätzlich hierarchisches Bild von Gott und von menschlichen Beziehungen. Dabei werden wir die erstaunliche Feststellung machen, dass hierarchische Strukturen nicht die ideale, reife Beziehung widerspiegeln, zu der der neue Bund uns in Christus aufruft. _______________________________________________________________________________________

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von Salz der Erde

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen